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24.6.07

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Zu meiner Bequemlichkeit und vielleicht auch einem Informationsinteresse anderer dienend halte ich hier fest.
Dieser Blogprovider wurde 2003 von Google gekauft.
Vorher war er Teil von Pyra Labs, das 1999 in San Francisco gegründet wurde.

10.6.07

Demokratie oder Hedgefonds?

Die Manager von Hedgefonds werden ungern mit Heuschrecken verglichen. Doch haben sie bemerkt, dass es nicht jedem einleuchtet, wenn ein Kapitaleigner mit 10 Prozent Rendite nicht zufrieden ist, den Arbeitnehmern aber erklärt wird, dass selbst nach jahrelangen realen Einkommensverlusten eine Lohnsteigerung von 3 Prozent untragbar sei. So unternehmen sie neuerdings gelegentlich Versuche, ihr Verhalten zu rechtfertigen. Es lohnt sich, einem Hedgefondsmanager dabei zuzusehen, wie er das versucht..
Sy Schlüter von der CAI Analyse und Beratungs GmbH, seit 1994 in Hedgefonds tätig, erläutert in der Jugendzeitschrift Fluter nur wenig verklausuliert, dass er als Hedgefondsmanager versucht, den Aktienkurs einer Firma, die in Schwierigkeiten ist, noch weiter zu drücken und dass er einer gesunden Firma so viel Kapital zu entziehen versucht wie nur irgend möglich, ohne sie direkt in den Ruin zu treiben. Dass „Anteile eines Mittelständlers mit geliehenem Geld gekauft“ und „die Schulden für das geliehene Geld dem Mittelständler aufgebürdet werden“, hält er nämlich durchaus nicht für unmoralisch oder gefährlich. Kritisch wird es für ihn erst, „wenn die Umsätze nicht mehr genügen, um die Schuldenlast zu bezahlen. Einst gesunde Unternehmen können dann pleitegehen.“ In dem Fall, findet er, sei „mit zu spitzem Bleistift gerechnet“ worden.
Unverantwortlich nennt er freilich selbst das nicht. Nein, er findet es „tragisch“.
Bis hierhin mag man das normaler Betriebsblindheit hochbezahlter Manager zurechnen. Erst was dann folgt, zeigt, wie weit sich so ein Hedgefondsmanager von der Wirklichkeit entfernt hat und weshalb es so gefährlich ist, dass niemand sie kontrolliert und dass beim G8-Gipfel wieder die Chance verpasst worden ist, eine solche Kontrolle endlich vorzubereiten.
Was meint ein Hedgefondsmanager dazu, wenn ein gesundes Unternehmen aus maßloser Gier auf Superrenditen zugrunde gerichtet worden ist?
„Aber ich glaube: Auch das wird langfristig der Markt regeln. Schließlich entsteht dort, wo ein Unternehmen pleitegeht, auch die Chance auf etwas Neues.“
Und dabei bleibt er nicht stehen. Auch die Demokratie will er durch den allgewaltigen Markt und die segensbringende Börse ersetzt wissen: „Da jede Aktie eines Unternehmens eine Stimme hat, drücken sich in den Kursen immer die Entscheidungen der Mehrheit aus, der Aktienmarkt ist daher für mich Demokratie.“
1,2 Billionen Dollar kontrollieren die Hedgefonds schon jetzt weltweit. Die jährliche Steigerungsrate ihrer Mittel liegt über 20 Prozent. Für 2008 wird daher mit 1,8 Billionen Dollar gerechnet. 1,8 Billionen Dollar in der Hand der Hedgefonds unkontrolliert einsetzbar, um Aktienkurse zu drücken und den letzten Mittelständler auszuquetschen wie eine Zitrone. Die demokratischen Vertreter der stärksten Wirtschaftsnationen der Welt dagegen waren stolz darauf, dass sie in 8 (!) Jahren ein Zwanzigstel davon an Hilfe für Afrika glauben aufbringen zu können.
Helmut Schmidt hat über die Entwicklung der Hedgefonds gesagt: „Man darf von Raubtierkapitalismus sprechen.“ Ich befürchte, das ist noch zu positiv ausgedrückt. Dieser neue Kapitalismus ist der gefährlichste Feind unserer Demokratie. Wenn wir ihn jetzt nicht kontrollieren, wird es bald zu spät sein. Spätestens dann, wenn bei den Wahlen wirklich nur noch die Aktienmehrheit zählt.

8.6.07

"Man darf von Raubtierkapitalismus sprechen"

Wenn Helmut Schmidt das über die globale Entwicklung der Finanzinstitute sagt (ZEIT vom 1.2.07, S.21-23) und fortfährt "Die Regierungen der großen Staaten der Welt könnten Rahmenbedingungen fixieren und ihre Befolgung beaufsichtigen lassen. Bisher gibt es allerdings keinen ernsthaften Willen, in dieser Richtung gemeinsam vorzugehen", so stelle ich erstmals seit vielen Jahren fest, dass ich insoweit jedenfalls voll mit ihm übereinstimme.
Dass die deutsche Regierung in dieser Richtung etwas, aber zu wenig tut, sehe ich auch wie er.
Wenn er gar noch über die Gefahren des Klimawandels sprechen würde, wäre ich fast versucht, ihn nicht nur als einen der kompetentesten deutschen Politiker seit 1945 anzusehen, sondern sogar noch als altersweise.

7.6.07

Meine Sicht von G8

Die Presse, die G8 augenblicklich hat, suggeriert meiner Ansicht nach, dass dies Gipfeltreffen eine völlig andere Funktion hätte, als es sie hat.
Denn die Aufgabe dieser Treffen ist doch, angesichts der Übermacht weltweiter ungesteuerter wirtschaftlicher Entwicklungen der Politik einen kleinen Spielraum zu sichern.
Die Industriestaaten üben sich gegenwärtig im Umgang mit den transnationalen Konzernen in devoter Steuersenkungskonkurrenz. Maßnahmen zur Minimalüberwachung der unüberschaubaren Wirkungen der Aufblähung der Finanzmärkte sind nicht zu sehen. Dabei treiben die kreditfinanzierten Aktionen der Hedgefonds die Geldmenge in solche Höhen, dass ein Zusammenbruch des Systems immer wahrscheinlicher wird. (Hier folge ich Helmut Schmidts Analyse.)
Jeder Versuch, den beharrlichen Unilateralismus der USA unter Bush ein wenig aufzuweichen, ist m.E. daher aller Mühen wert, auch wenn er so bescheidene Ergebnisse zeitigt wie die Ankündigung, eine Senkung des CO2-Ausstoßes "in Betracht" zu ziehen.
Andererseits halte ich es für völlig richtig, dass die NGOs die Gipfelkonferenzen ebenso wie die Welthandelskonferenzen nutzen, um auf globale Missstände hinzuweisen, etwa auf die Tatsache, dass die Agrarsubventionen der Industrieländer zur Ruhigstellung von 2% der Bevölkerung der entwickelten Staaten in Kauf nehmen, dass 80% der Bevölkerung der weniger entwickelten Staaten die Möglichkeit zur Entwicklung aus eigener Kraft geraubt wird.
Dass in der Öffentlichkeit nicht dies Anprangern von Missständen in den Vordergrund tritt, sondern die Aktionen gewalttätiger "Autonomer" herausgestellt werden, ist normal angesichts des Bedarfs nach Aufsehen erregenden Bildern. Dennoch könnte es die Möglichkeiten eines Einwirkens der Zivilgesellschaft auf politische Entscheidungen empfindlich beschneiden.