Ich
bin Student (Wirtschaft) und möchte mich sehr gerne für ein
Austauschsemester in Japan bewerben. Für Japan interessiere ich mich
hauptsächlich wegen der Manga-Kultur, der japnischen Popkultur und
der Kunst. Ich möchte einach total gerne dorthin.
Jetzt
sind diese Dinge wohl nicht am besten geeignet für eine Bewerbung
bei der Uni, wenn ich begründen muss, warum ich gerade nach Japan
möchte (ich könnte dies evtl kurz erwähnen, aber nicht mehr).
EInige Kommilitonen, die schon ein Austauschsemester gemacht haben,
haben gesagt, dass man besser sein akademisches Interesse am Land,
oder Dinge in Bezug aufs Studienfach schreibt. Für mich wäre dies
wohl am ehesten Themen aus Wirtschaft/Politik/evtl Geschichte.
Ich
dachte, dass ich erwähnen könnte, dass ich den gegenwertigen Umgang
mit der schwierigen WIrtschaftssituation spannend finde. Aber ich
finde, dass dieses Argument, nicht sehr überzeugend klingt.
Zudem
spreche ich leider noch kein Japanisch. Daher muss ich noch einen
noch überzeugenden Grund finden. Ich würde die Sprache dann gern
während dem Semester lernen.
Nun,
habt ihr vielleicht einen guten akademischen Grund/Grund aus
Wirtschaft/Politik/Geschichte? Was interessiert euch an Japan? Ich
wäre euch für Anregungen echt dankbar. (bei Gute Frage)
Wenn man das liest, ist man hin- und
hergerissen.
Ein halbes Jahr in Japan zu leben und
sich auf die japanische Sprache einzulassen, ist eine echte
Herausforderung. Wenn man auch nach dem Gespräch mit Studenten, die
ein Austauschsemester gemacht haben, keine nach außen überzeugenden
Argumente dafür formulieren kann, hat man ein echtes Problem. Und
zwar entweder, dass man glaubt, unsere Gesellschaft sei durch und
durch so verlogen, dass sie die simpelsten Wahrheiten nicht versteht,
oder dass man sich auf eine Herausforderung einlässt, ohne die
Grundvoraussetzungen mitzubringen. Das kann schief gehen.
Aber vielleicht willst du auch nur
durch ein weiteres Abfragen von Gründen deine Bewerbung noch
sicherer machen.
Deshalb mein Rat:
Beginne damit, dass du eine
Herausforderung suchst und dass du über die eurozentristische Sicht
hinauskommen willst. Dafür ist Japan immer noch besonders geeignet,
weil es eine interessante Kombination von Fremdheit und Gemeinsamkeit
mit Deutschland vereinigt.
Fremdheit: Sprache, Verbindung von
verschiedenen Religionen (Shintoismus und Buddhismus) zu einer
selbstverständlichen Verbindung, die es erlaubt, auch das
Christentum einzubeziehen. Die ganz eigenständige Kunst, die selbst
beim stark europäisch beeinflussten Hokusai noch sehr viel Charakteristisches
enthält.
Gemeinsamkeit: Preußische Tugenden:
Pflichterfüllung, Ordnung, Sauberkeit. Kampf um die Weltherrschaft
auf der Basis eines recht totalitären Systems. Danach die bewusste
Abkehr von diesem Irrweg.
Dann die - mich faszinierende -
Mischung: Totale Abschließung von der Außenwelt und dann - nach
Öffnung der Häfen - die ganz energische Zuwendung unter
Beibehaltung der wesentlichen Eigenarten. Gebildete Japaner kennen
großenteils die deutsche Geschichte besser als der deutsche
Durchschnittsstudent. Das hängt damit zusammen, dass nach der
Öffnung viel von Preußen übernommen worden ist. Andererseits: die
Firmenbindung; die mangelnde Emanzipation einer großen Menge der
Frauen; die Gewohnheit, immer ja zu sagen (die freilich längst nicht
mehr so stark ist, wie es das Gerücht behauptet); die Höflichkeit;
die hervorragende Organisationsfähigkeit.
Und nun, lass bitte Manga-Kultur,
japanische Popkultur und Kunst nicht weg. Denn darüber kannst du
am überzeugendsten sprechen und sie enthalten viel von der Eigenart
trotz energischer und weithin auch erfolgreicher Bemühung um
"Verwestlichung". (Nicht, dass ich etwas von Mangas und Pop
verstünde, aber die Tatsache, dass Mangas bei uns so beliebt
geworden sind, beruht doch eben auf dieser Mischung von Vorreitertum
bei der Anpassung an eine Welteinheitskultur und charakteristischer
Eigenart.)
So, und jetzt finge die Begründung an:
Die merkwürdige Blüte der japanischen Prosa im Mittelalter mit
weiblichen Protagonisten an der Spitze, die Spannung zwischen
Kaisertum und Shogunat, die nur sehr entfernte Ähnlichkeiten mit dem
europäischen Antagonismus von Kaisertum und Papsttum hat, ...
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