In einem Tweet empörte sich ein(e) Twitter*in darüber, dass über einen offenen Brief von u.a. Alice Schwarzer und Juli Zeh debattiert werde, wo sich doch schon kluge Frauen dazu geäußert hätten:
Es gibt so viele kluge Frauen, die sich hier z.T. seit vielen Jahren sachkundig über die Ukraine äußern, z.B. , , , ; aber Deutschland debattiert über Alice #Schwarzer, als wisse diese Frau, worüber sie da redet.
Alice Schwarzer nachzusagen, sie wisse nicht, worüber sie rede. ist in meinen Augen eine Beschimpfung, wenn nicht Beleidigung.
Juli Zeh hatte die Gelegenheit, in einem Interview mit der Zeit ihre Ansichten dazu etwas näher zu erläutern:
"ZEIT ONLINE: Woher wollen Sie wissen, ob in dem Moment, in dem der Krieg beendet wird, auch das Morden, die Vergewaltigungen und die Deportationen beendet werden?
Zeh: Unter Kriegsbedingungen wird all das ganz sicher weitergehen. Deswegen brauchen wir dringend einen Waffenstillstand, eine Ruhepause, die es ermöglicht, in einen Verhandlungsmodus zu gelangen.
ZEIT ONLINE: Aber es wird doch schon die ganze Zeit verhandelt, die Ukraine bietet sogar Kompromisse an, etwa eine Neutralität mit Sicherheitsgarantien. Russland geht nur nicht darauf ein.
Zeh: Was wir im Moment haben, sind nur dem Namen nach Verhandlungen. Sie dienen dazu, in Kontakt zu bleiben. Zuerst brauchen wir eine Waffenruhe. Das ist der erste Schritt. Es muss Zeit gewonnen werden. Wir wissen aus Erfahrung, dass Friedensprozesse langwierig sind. Wir können nicht auf schnelle Ergebnisse hoffen – und auch nicht auf eins, das uns gefällt. Trotzdem müssen wir an diesem Weg festhalten, weil es der einzig gangbare ist. Auch wenn wir uns wünschen, die Ukraine mit allen Mitteln zu beschützen und Putin restlos zu besiegen, müssen wir uns die Frage stellen, ob das überhaupt möglich ist. Denn wenn man etwas Unmögliches anstrebt und dabei sagt: Das müssen wir erreichen, um jeden Preis!, gerät man in einen Teufelskreis, der rationale Abwägung verhindert.
ZEIT ONLINE: Wie könnte denn Ihrer Meinung nach ein Verhandlungskompromiss aussehen, der Putin für seinen verbrecherischen Angriffskrieg nicht belohnt?
Zeh: Es kann doch nicht darum gehen, ob Putin auf irgendeine Weise belohnt wird. Es muss darum gehen, Menschenleben zu retten. Es ist auf keine Weise sicher, dass sich der Konflikt mit Waffenlieferungen schneller lösen lässt. Angesichts des enormen Risikos ist es Bürgerpflicht, das zu hinterfragen. (ZEIT online 3.5.22)
Ihre Aussage: "Es ist auf keine Weise sicher, dass sich der Konflikt mit Waffenlieferungen schneller lösen lässt. Angesichts des enormen Risikos ist es Bürgerpflicht, das zu hinterfragen." ist mir zu apodiktisch formuliert. Man kann ein guter Bürger sein, ohne sich über Details militärischer Vorgehensweisen und ihre Effektivität Gedanken zu machen. Aber es als als skandalös hinzustellen, wenn eine solche Frage öffentlich diskutiert wird, geht entschieden zu weit.
Angesichts der gegenwärtigen überhitzten Diskussionen ist es freilich kein besonders schlimmer Fall. (Diese Fälle bekomme ich aufgrund der begrenzten Zahl von Personen, denen ich auf Twitter folge, zum Glück erst mit, wenn sie in anderen Medien besprochen werden.)
Da ich meinerseits auf diesen Tweet nicht so differenziert geantwortet habe, wie ich es für wünschenswert halte, hole ich es hiermit nach, auch wenn meine Artikel in diesem Blog weit weniger Personen erreichen als meine undifferenzierteren Tweets.
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