Die ersten Maitage 2025 sind historische Tage für die ganze Welt wegen des Konklaves zru Papstwahl und wegen der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am Ende des Zweiten Weltkriegs. Für Deutschland insbesondere, weil Friedrich Merz zum Kanzler gewählt wurde und weil es Deutschland war, das kapitulierte.
Besonders historisch ist der 6.5.2025 aber, weil es in der Geschichte der Bundesrepublik das erste Mal war, dass der Kanzler nicht im ersten Wahlgang gewählt wurde.
Ich selbst wurde mir der historischen Bedeutung dieser Tage besonders bewusst, weil ich im Autoradio den Bericht über die Vorbereitung der Kapitulation Deutschlands gehört habe.
Bormann telegrafierte unter Auslassung der Tatsache, dass Hitler Selbstmord begangen hatte, an Dönitz, dass Hitler ihn zum Reichspräsidenten ernannt habe und ihn beauftragt habe, die jetzt nötigen Schritte zu tun.
Dieses Telegramm traf Dönitz überraschend. Zuvor war (vermutlich) nie außerhalb des engsten Führungskreises davon gesprochen worden, wer Hitlers Nachfolger werden solle, und gewiss nicht mit Dönitz davon, dass er es werden könne. Hitlers Wahl war wohl auf ihn statt auf Göring gefallen, weil man hoffte, er werde, weil er der NS-Führungsspitze relativ fern stand, von den Alliierten am ehesten als Gesprächspartner statt als Verbrecher aufgefasst werden.
Doch jetzt dazu, weshalb mich der Bericht über diese letzten Tage des NS-Staates besonders interessierte: Karl Dönitz war mir schon beim ersten Mal, als ich erfuhr, dass er Hitlers Nachfolger als Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches war, merkwürdig gewesen, weil er so wenig mit der NSDAP-Spitze zu tun hatte. Wieviel überraschender muss es für ihn gewesen sein, plötzlich dies Aufgabe zu bekommen. Als Soldat wird er freilich Befehl und Gehorsam als normal angesehen haben und als Großadmiral war er gewiss das Befehlen gewohnt. Aber welch ungewöhnliche Situation! Vermutlich war Hitler tot, aber war er es wirklich? Es ging nur noch um Kapitulation; aber würde man die Strategie der Teilkapitulationen, die man in Italien begonnen hatte, fortführen können? Was würde aus ihm als Staatsoberhaupt nach der endgültigen Kapitulation?
Das fragte ich mich auch, als ich den Bericht im Radio hörte. Ich wusste von den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen und dass er sicher zu den Angeklagten gehörte. Aber hatte die Amtsübernahme in dieser Situation etwas von einem Todesurteil? Andererseits: Himmler war der Anführer der SS, der engsten militärischen Organisation der NS-Spitze. Würde der mit den ihm untergebenen ihm, dem Großadmiral der zu Lande schwächsten militärischen Organisation, den Rang streitig machen? Was bedeutete das für den weiteren Ablauf?
Der Wikipedia entnehme ich, dass Dönitz im Alter von 80 Jahren gestorben ist. Insofern lief es für ihn einigermaßen glimpflich ab. Für einen anderen nicht ebenso.
Wikipedia: Das Ereignis, was etwas Betrübliches auslöste, war Dönitz' "einziger Nachkriegsauftritt an einer Schule am 22. Januar 1963 im Otto-Hahn-Gymnasium in Geesthacht. Der Schülersprecher Uwe Barschel, später Ministerpräsident Schleswig-Holsteins, hatte auf Anregung seines Geschichtslehrers Heinrich Kock Dönitz eingeladen, vor Schülern der Klassen 9 bis 13 über das Dritte Reich zu referieren. Die Schüler wurden von ihren Lehrern auf den Auftritt nicht vorbereitet. Daher gab es keine kritischen Nachfragen, weder von den Schülern noch von den Lehrern. Nachdem die Bergedorfer Zeitung einen begeisterten Bericht über diesen Geschichtsunterricht in höchster Vollendung veröffentlicht hatte, griffen überörtliche und ausländische Medien den Fall auf. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein wurde auf einer Pressekonferenz mit starker Kritik an dem Vorgang konfrontiert. Nachdem ein Regierungsrat aus dem Kultusministerium die Schule am 8. Februar 1963 aufgesucht und mehrere Stunden mit dem Schulleiter Georg Rühsen (* 1906) gesprochen hatte, ertränkte sich dieser noch am selben Abend in der Elbe. Seine Leiche konnte erst am 25. April 1963 geborgen werden.[91][92][93]"
Für mich persönlich wurden diese letzten Tage des Deutschen Reiches irgendwann von Bedeutung, als ich erfuhr, dass andere Kinder Väter hatten und dass meiner am 20.4.1945,am Geburtstag Adolf Hitlers "gefallen" war und meine Lebenssituation durch diesen Tod und die Niederlage und Befreiung am 8.5.1945 geprägt war.
80 Jahre darauf sehe ich eine Gemeinsamkeit der Situation von Dönitz, Friedrich Merz und Selenskyi. Am Tage, wo sie die höchste Stufe ihrer Laufbahn erreichten, sahen sie nicht voraus, was für unerfreuliche Folgen es haben würde, dass sie dieses Ziel angestrebt und nicht ausgeschlagen hatten.
Was steht Selenskyi bevor, wenn er ein Ende des Kriegs mit Russland erreicht, was Merz im Laufe seiner Kanzlerschaft? Wir wissen es nicht.
Karl Dönitz trug eine wichtige Mitverantwortung für den Tod der Marineangehörigen, die unter seinem Oberbefehl zu Tode kamen. Wie ist er mit der Mitverantwortung für den Tod des Direktors des Otto-Hahn-Gymnasiums in Geesthacht umgegangen?