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22.12.19

Kuriosum

Heute schreibt mich ein Wikipediabot auf Tadschikisch an. So lerne ich dazu, dass Tadschikisch zu der persischen Sprachfamilie gehört und dass etwa 800 000 Usbeken Tadschikisch sprechen und natürlich mehrere Millionen Bewohner von Tadschikistan.
So danke ich dem Bot für den Lernanstoß.
Vielleicht ist das für eine(n) LeserIn ein Anstoß, nachzulesen, was ein Wikipediabot ist.

11.10.19

Die Gnade der frühen Geburt

So Unrecht hatte Helmut Kohl nicht, als er von der "Gnade des späten Geburt" sprach.
Man weiß nicht, ob er sich in der Zeit des Nationalsozialismus bewährt hätte. Vor allem aber: ohne die deutsche Teilung hätte er nicht "Vater der Einheit" werden können.
Sein Vorgänger Helmut Schmidt hätte sicher gern auf seine Zeit in der NS-Wehrmacht verzichtet (ebenso wie Grass); aber man weiß nicht, ob er sich angesichts des Flüchtlingsproblems und des Klimawandels mit seiner pragmatischen Art bewährt hätte.
Der NATO-Doppelbeschluss hat sich dank Gorbatschow nicht als verhängnisvoll, sondern als förderlich für die Beendigung der Ost-West-Spaltung der Welt erwiesen.

Ich habe meinerseits für die "Gnade der frühen Geburt" zu danken, dass ich die Folgen des Handelns meiner Generation nicht mehr werde ausbaden müssen, wenn das 2-Grad-Ziel verfehlt werden sollte.
Anders als Fontane sage ich nicht "Das möcht' ich noch erleben", sondern "Das möcht' ich nicht erleben". Noch bleibt die Hoffnung, dass das Aufstehen der jungen Generation hilft und dass die vielen Fortschritte, die die Veränderungen nach dem 2. Weltkrieg gebracht haben, nicht in eine für die Menschheit verhängnisvolle Katastrophe führen. Denn es gibt noch immer Wege in eine bessere Zukunft, nur ist noch unklar, ob sie beschritten werden können.
Anders als Fontane brauche ich nicht zu sagen "Was soll denn der Unsinn" (obwohl AfD und Trump Schlimmeres als Unsinn produzieren); denn die Schülerstreikbewegung gibt Hoffnung, gerade weil sie auf die verfahrene Situation von heute aufmerksam macht.
"Die Zukunft liegt in Finsternis" und ich bin dankbar dafür, dass ich das nicht erleben muss, was ich mit meiner Kraft nicht verhindern kann, was zu verhindern aber unser aller gemeinsame Aufgabe ist.*
An anderen Stellen versuche ich deshalb ein wenig auf Gefahren und Möglichkeiten aufmerksam zu machen und sei es durch Hinweise auf Texte von anderen:
2052 - Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima - Die Kunst, den Kapitalismus zu verändern - Ein anderer Kapitalismus ist machbar  - Texte mit einer kritischen Sicht auf Wirtschaftsweisen, die zu Verschwendung und gesellschaftlicher Spaltung führen
Weil man bei diesen Texten gewiss nicht bis zum ältesten dort angeführten durchhält, weise ich getrennt auch auf den von 2013 hin: Egotrip der Kapitalisten (unter Bezug auf Schirrmacher).

* 1989 habe ich im Hinblick auf die Atomkriegsgefahr formuliert "Wer heute verantwortlich handelt, muss dazu beitragen, die Verantwortung, die er selbst und die künftige Generation haben werden, wieder auf ein menschliches Maß zurückzuführen. 
Aber Sie und ich, wir brauchen uns nicht darum zu kümmern?"
Die Verantwortung, die wir gegenwärtig tragen, ist ungeheuerlich. Aber wir dürfen ihr nicht ausweichen. Ein großes Glück, dass wir nicht die einzigen sind, denen jetzt die Verantwortung bewusst wird und dass es Wege in die Zukunft gibt.

9.9.19

Schopenhauer und Lesen

"Lesen heißt mit einem fremden Kopfe, statt des eigenen, denken." (Parerga und Paralipomena, Zweiter Band, F. A. Brockhaus, Leipzig 1874, Kapitel 22 Selbstdenken, § 267, S.529) 
"Wann wir lesen, denkt ein Anderer für uns: wir wiederholen bloß seinen mentalen Proceß. […] Daher kommt es, daß wer sehr viel und fast den ganzen Tag liest,[...] die Fähigkeit, selbst zu denken, allmälig verliert, [...]" (Parerga und Paralipomena II, Zweiter Band, F. A. Brockhaus, Leipzig 1874, Kapitel 24 Ueber Lesen und Bücher, § 299, S.587)
(Wikiquote)

Er muss bei seinem Drang, über die Denker seiner Zeit hinaus zu denken, bei der Kantlektüre ein ähnliches Gefühl gehabt haben wie ich bei der Korrektur von Klassenarbeiten, wenn ich (gefühlt) 25 mal das Gleiche immer wieder aufgrund von Ausdrucksschwierigkeiten in anderer Weise verballhornt gelesen habe.
"Warum muss ich immer wieder das Gleiche lesen und mich fragen, woran es liegt, dass es falsch herauskommt, wo ich doch endlich mal etwas Neues denken will."
Mir war da ein Eppler- oder Glotz-Text ein Erfrischungsbad und regte mich an, während Schopenhauer in Kants drei Kritiken vermutlich "immer den gleichen Quark" vorgesetzt zu bekommen fühlte. 

Oder wie die Anekdote von Mommsen berichtet, als er zu einem runden Geburtstag eine dicke Festschrift überreicht bekam: "Ach, wie viel Zeit wird es mich kosten, das alles zu widerlegen."

21.5.19

Verkehrserziehung

Das Kind (noch nicht ganz 18 Monate) ist fasziniert von Helmen.
Immer wieder kommentiert es, wer so alles einen Helm hat.
Als es im Bilderbuch einen Mann auf einem Rad ohne Helm sieht, sagt es verwundert: "Helm, uh uh?"

Eines Tages sind wir gerade bei logistischen Überlegungen. Der Vater sagt: "Mh, ja gut ... ich kann dann ja auch mit dem Fahrrad da hinfahren."

Das Kind: "Helm!"

Das Kind fordert ganz konsequent, dass wir uns an die Grundsätze halten, die wir vertreten.

Die Schülerstreiks von Fridays for Future  fordern von uns nicht mehr.
Unsere Handlungen sollen sich an unseren öffentlich vertretenen Wertvorstellungen orientieren. Das gilt insbesondere da, wo die kommende Generation auf uns angewiesen ist, weil sie noch nicht selbst die Bedingungen ihres Überlebens sichern kann.