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8.8.24

Wozu ein Literaturblog gut ist

 Ich liebe den Storm-Kellerschen Briefwechsel und entdecke jetzt in meinem Blog in dem zwischen Keller und Paul Heyse nicht zuletzt wegen des Du einen sehr viel lockeren, wo auch allerlei Literaturspezifisches angeschnitten wird. Hier ein kurzes Zitat:

"Keller an Paul Heyse

Zürich 9 VII 1880.

Lieber Freund! Tausendfältigen Dank für Brief und Weiber von Schondorf. Ich will nun trachten, meine "schonende Freude" (ein ingeniöser Ausdruck!) mit deinem dramatischen Hypochondrismus möglichst zärtlich zu vermählen, ohne der Aufrichtigkeit Eintrag zu thun. Da muß ich denn zuvorderst bekennen, daß Du mit der gewählten Auffassung und Behandlung Recht hast. Der erste flüchtige Eindruck war bei mir, es dürfte ein bischen bunter und breitspuriger sein; allein am gleichen Tag noch, eh' der Brief nachkam, fand ich, dadurch käme man sogleich in's sogenannte Shakespearisiren hinein, im bekannten Stil der bekannten Uebersetzung, und dann würden alle feineren Leute sagen: connu! So aber hast Du ganz das Richtige getroffen, indem Du das Motiv aus sich selbst heraus sich hast entwickeln lassen und nichts dazu gethan, als die höhere ethische Frage. Eine gute Ausstattung und Inscenirung, welche ja auf jeder Seite mitdichtend vorgesehen ist, muß das deutlich herausstellen. Beim Lesen hat mir, beiläufig gesagt, in ein par Interjectionen und proverbialen Wendungen die Manier etwas zu tief gegriffen erscheinen wollen. Da ich aber auf der Bühne | nicht zu Hause bin, so mag diese Bemerkung nichtig sein. [...]"

Wenn man Keller so über Heyse schreiben sieht, könnte einen fast schon die Lust ankommen, auch mal Heyse zu lesen, wenn man nicht doch den Verdacht hätte, dass er zu sehr stilisiert ist. Heysenovellen bei Gutenberg.org: