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20.5.13

Japan - Frage und Antwort


Ich bin Student (Wirtschaft) und möchte mich sehr gerne für ein Austauschsemester in Japan bewerben. Für Japan interessiere ich mich hauptsächlich wegen der Manga-Kultur, der japnischen Popkultur und der Kunst. Ich möchte einach total gerne dorthin.
Jetzt sind diese Dinge wohl nicht am besten geeignet für eine Bewerbung bei der Uni, wenn ich begründen muss, warum ich gerade nach Japan möchte (ich könnte dies evtl kurz erwähnen, aber nicht mehr). EInige Kommilitonen, die schon ein Austauschsemester gemacht haben, haben gesagt, dass man besser sein akademisches Interesse am Land, oder Dinge in Bezug aufs Studienfach schreibt. Für mich wäre dies wohl am ehesten Themen aus Wirtschaft/Politik/evtl Geschichte.
Ich dachte, dass ich erwähnen könnte, dass ich den gegenwertigen Umgang mit der schwierigen WIrtschaftssituation spannend finde. Aber ich finde, dass dieses Argument, nicht sehr überzeugend klingt.
Zudem spreche ich leider noch kein Japanisch. Daher muss ich noch einen noch überzeugenden Grund finden. Ich würde die Sprache dann gern während dem Semester lernen.
Nun, habt ihr vielleicht einen guten akademischen Grund/Grund aus Wirtschaft/Politik/Geschichte? Was interessiert euch an Japan? Ich wäre euch für Anregungen echt dankbar. (bei Gute Frage)

Wenn man das liest, ist man hin- und hergerissen.
Ein halbes Jahr in Japan zu leben und sich auf die japanische Sprache einzulassen, ist eine echte Herausforderung. Wenn man auch nach dem Gespräch mit Studenten, die ein Austauschsemester gemacht haben, keine nach außen überzeugenden Argumente dafür formulieren kann, hat man ein echtes Problem. Und zwar entweder, dass man glaubt, unsere Gesellschaft sei durch und durch so verlogen, dass sie die simpelsten Wahrheiten nicht versteht, oder dass man sich auf eine Herausforderung einlässt, ohne die Grundvoraussetzungen mitzubringen. Das kann schief gehen.

Aber vielleicht willst du auch nur durch ein weiteres Abfragen von Gründen deine Bewerbung noch sicherer machen.

Deshalb mein Rat:

Beginne damit, dass du eine Herausforderung suchst und dass du über die eurozentristische Sicht hinauskommen willst. Dafür ist Japan immer noch besonders geeignet, weil es eine interessante Kombination von Fremdheit und Gemeinsamkeit mit Deutschland vereinigt.

Fremdheit: Sprache, Verbindung von verschiedenen Religionen (Shintoismus und Buddhismus) zu einer selbstverständlichen Verbindung, die es erlaubt, auch das Christentum einzubeziehen. Die ganz eigenständige Kunst, die selbst beim stark europäisch beeinflussten Hokusai noch sehr viel Charakteristisches enthält.

Gemeinsamkeit: Preußische Tugenden: Pflichterfüllung, Ordnung, Sauberkeit. Kampf um die Weltherrschaft auf der Basis eines recht totalitären Systems. Danach die bewusste Abkehr von diesem Irrweg.

Dann die - mich faszinierende - Mischung: Totale Abschließung von der Außenwelt und dann - nach Öffnung der Häfen - die ganz energische Zuwendung unter Beibehaltung der wesentlichen Eigenarten. Gebildete Japaner kennen großenteils die deutsche Geschichte besser als der deutsche Durchschnittsstudent. Das hängt damit zusammen, dass nach der Öffnung viel von Preußen übernommen worden ist. Andererseits: die Firmenbindung; die mangelnde Emanzipation einer großen Menge der Frauen; die Gewohnheit, immer ja zu sagen (die freilich längst nicht mehr so stark ist, wie es das Gerücht behauptet); die Höflichkeit; die hervorragende Organisationsfähigkeit.

Und nun, lass bitte Manga-Kultur, japanische Popkultur und Kunst nicht weg. Denn darüber kannst du am überzeugendsten sprechen und sie enthalten viel von der Eigenart trotz energischer und weithin auch erfolgreicher Bemühung um "Verwestlichung". (Nicht, dass ich etwas von Mangas und Pop verstünde, aber die Tatsache, dass Mangas bei uns so beliebt geworden sind, beruht doch eben auf dieser Mischung von Vorreitertum bei der Anpassung an eine Welteinheitskultur und charakteristischer Eigenart.)

So, und jetzt finge die Begründung an: Die merkwürdige Blüte der japanischen Prosa im Mittelalter mit weiblichen Protagonisten an der Spitze, die Spannung zwischen Kaisertum und Shogunat, die nur sehr entfernte Ähnlichkeiten mit dem europäischen Antagonismus von Kaisertum und Papsttum hat, ...

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