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22.10.20

Twittergespräche

Es treibt mich um, auf welchem Niveau von intelligenten Menschen auf Twitter argumentiert wird. 

@Dejan Freiburg schreibt auf Twitter:
Person behauptet, Mund-Nase-Bedeckungen führen zu Sauerstoffmangel. Verweise auf WDR-Beitrag, der das entkräftet. Sie erklärt, dass es keine Fakten gäbe, die nicht widerlegbar seien und sich jeder seine eigene Wahrheit konstruiere. Alternative Fakten werden in D zu einem Problem.

Ich (@Fontanefan) antworte darauf:

Ich habe einen guten Bekannten, der nur kurze Strecken ohne Sauerstoffzufuhr gehen kann. Der hat noch keine Maske gefunden, die ihm nicht die größten Schwierigkeiten macht. Kann der WDR das auch widerlegen?

Darauf @Dejan Freiburg:

Hier kannst du dir den Beitrag ansehen und selbst ein Bild machen: instagram.com/p/CGfU0DjKL1N/

Die Begleitinformation zum gif-artigen Video lautet:

😷 Atmen mit Maske ist anstrengend, aber nicht gefährlich. Unser kleines Experiment mit einem sogenannten Pulsoxymeter zeigt, dass ein Mund-Nasen-Schutz die Sauerstoffsättigung im Blut nicht sonderlich verändert. Das Pulsoxymeter misst, wie stark Hämoglobin (Protein der roten Blutkörperchen) mit Sauerstoff beladen ist. Der Wert schwankt immer ein bisschen. . 🏥🩸 Pulsoxymetrie ist seit den 70er Jahren sehr verbreitet, um den Zustand von Patienten schnell einzuschätzen. Etwa im Rettungsdienst oder auf der Intensivstation. Die meisten Pulsoxymeter besitzen eine gute Messgenauigkeit (±2 Prozent) im Bereich einer Sättigung von 70–100 Prozent. Trotzdem ersetzt sie nicht die Blutgasanalyse. . ☝️ Übrigens: Es ist falsch, dass sich unter der Maske gesundheitlich bedenkliche Menge CO2 ansammeln, die man dann einatmet. Erstens: Unter der Maske ist kein Platz für große Mengen, weil sie eng anliegt. Zweitens: CO2 kann durch die Maschen der Maske und an den Seiten entweichen. . . .

Dazu der Kommentar von @felixio_9697: 

Hm, das passt irgendwie nicht zu dem, was in den Schreiben der bayrischen Staatsregierung und des Bundestages steht, welches sich an alle Mitglieder des Bundestages richtete. Dort wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich bereits nach 30 Minuten der C02 Gehalt erhöhe und der Sauerstoffgehalt reduziere und deshalb die Maske zwischendurch abgenommen werden müsse. In dem Schreiben der bayerischen Staatsregierung heißt es hierzu, dass aus pathophysiologischer Sicht der CO2 Gehalt bedeutsamer als der Sauerstoffgehalt sei. Insofern wurde in diesem Experiment die falsche Komponente gemessen. Unklar ist zudem, über welchen Zeitraum und mit wie vielen Probanden dieses „wissenschaftliche“ Experiment durchgeführt wurde und ob Störvariablen genügend berücksichtigt wurden. Wenn die Masken nun trotzdem wirklich so unbedenklich sind, warum entzieht sich der Staat dann jeglicher Haftung? 

Ich (@Fontanefan) über das Video zu @Dejan Feiburg:

Diese Darstellung ist ein schlechter Witz. Selbst ich weiß von meinen Krankenhausaufenthalten her, dass sich der Sauerstoffgehalt des Blutes nicht in Sekundenschnelle verändert, wenn die Atmung nicht völlig unterbrochen wird.

und dann:

Völlig ohne Informationsgehalt. - Selbstverständlich kann ich diese Frage nicht wissenschaftlich beurteilen. Das Video ist schlechter als Persilwerbung in den 50er Jahren. Jeder Versuch einer Erläuterung fehlt. Kennst du sachl. Informationen zum Thema?

Dazu: Ich hatte das Video auf Instagram gesehen und konnte von den Kommentaren dazu (aus irgendwelchen technischen Gründen) fast gar nichts lesen.

@Dejan Freiburg:

Das ist ein Insta-Beitrag, der aus Social Media-Gründen ne zeitliche Grenze hat. Es geht hier nicht um Sekunden, da der Teil, bei dem Sie mehrere Masken aufsetzt, beschleunigt wurde. Das ist auch kein Witz, sondern ein wissenschaftsjournal. Beitrags eines öffentl.-rechtl. Senders

Mein Kommentar: Ich war durch das Instagram-Video so empört, dass ich sehr emotional wurde. @Dejan Freiburg verteidigt das Video damit, dass es in einem Wissenschaftsjournal eines öffentlich rechtlichen Senders gesendet wurde.

Kein Wunder, dass man mir nachher unterstellt, ich wüsste nicht, dass Sauerstoffmoleküle durch Stoffmasken hindurch kommen können.* Das ist freilich nicht schlimmer als die Begleitinformation zu dem Video: "Es ist falsch, dass sich unter der Maske gesundheitlich bedenkliche Menge CO2 ansammeln, die man dann einatmet. Erstens: Unter der Maske ist kein Platz für große Mengen, weil sie eng anliegt." 

Schließlich geht es nicht um Mengen von CO2, sondern um den CO2-Gehalt  der eingeatmeten Luft (sieh den obigen Kommentar @felixio_9697 zu der Begleitinformation des Videos) 

* "Das Sauerstoffmolekül hat eine Größe von etwa 0,35 nm. Die Porengröße bei einer FFP1-Maske bewegt sich um 600-900 nm. Als wollten Sie ganz feinen Sand mit einem Gartensieb aufhalten. Ist das sachlich nachvollziehbar?"

Trotz schlechten Erfahrungen [Ich persönlich bin technisch außerstande, alle Twitteräußerungen in ihrem Argumentationszusammenhang nachzuvollziehen.] habe ich mich wieder auf eine Argumentation auf Twitter eingelassen. Ich sollte es bleiben lassen! (23.10.20 6:35)

Etwas irre macht mich bei meinem Entschluss, dass ich im Nachgang zu diesem Austausch von Julia A. einen Hinweis auf eine wissenschaftliche Untersuchung erhielt:

Erstmal: Absolutheit zu fordern empfinde ich vermessen. Ansonsten: Die Wirksamkeit von Masken jeglicher Art wurde weltweit von zuverlässigen Studien belegt. Ein Beispiel: msphere.asm.org/content/5/5/e0 Je höher die Schutzwirkung desto höher auch der Atemwiderstand. Das negiere ich nicht.

Außerdem finde ich in ihrer Timeline einen Bericht über einen schweren Fall von COVID-19 bei einem 68-Jährigen:
https://twitter.com/Anaesthet1/status/1314121375225872384

Twitter hat also weiterhin seine guten und schlechten Seiten. Auf die guten möchte ich nicht verzichten.

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